Dies Domini – 7. Sonntag der Osterzeit, Lesejahr B
Wir befinden uns mitten im Monat Mai – und damit in der Primetime für Hochzeiten. Genau in diesem Moment stellt die Leseordnung uns die Lesung aus dem ersten Johannesbrief dessen Kernthema die Liebe ist, flankiert vom Evangelium nach Johannes, das von der Fürbitte Jesu für seine Jünger, die er so sehr liebt, handelt, vor.
Was können uns diese Texte also sagen? Brauchen wir sie um die Liebe zu „verstehen“? Erst einmal würden wir dies wahrscheinlich verneinen, da sicher die meisten – hoffentlich alle – von uns schon ihre eigenen Erfahrungen mit Liebe jeglicher Art, zu seinen Eltern, Kindern, Freunden und Partnern gemacht hat. Wir wissen, wie es sich anfühlt angenommen zu sein, mit allen Eigenarten, die jeder Mensch – Gott sei Dank – hat. Wir kennen das Gefühl zu lieben, bedingungslos Zuneigung zu schenken und dadurch selbst beschenkt zu werden.
Und dennoch geben die Texte unserem rein menschlichen Verständnis von Liebe eine weitere Dimension. Schon das Evangelium macht deutlich welches hohe Maß an Fürsorge Jesus für seine Jünger empfindet, denn er bietet für sie schon jetzt, während er noch unter ihnen weilt, für die Zeit, wenn er zum Vater gehen wird. Dass sie weiterhin bewahrt und behütet bleiben, dass Gott sie alle in seiner Hand hält und ihnen beisteht – auch wenn die Welt sie hasst.
„Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern, dass du sie vor dem Bösen bewahrst.“ (Joh 17, 15)
Vor allem aber die Lesung aus dem Johannesbrief gibt Aufschluss über die Herkunft unserer menschlichen Liebe. Gottes grenzenlose Liebe wird deutlich daran, dass er seinen Sohn für uns in die Welt gesandt hat, dass er in seinem Sohn für uns gelitten hat und gekreuzigt wurde; diese gekreuzigte Liebe ist der Ursprung unserer Liebe. Weil Gott uns so sehr geliebt hat, müssen UND können auch wir einander lieben. Und das eben nicht nur in – wie es das Eheversprechen beispielsweise formuliert – guten Zeiten, sondern eben auch in schlechten.
„Liebe Brüder, wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben.“ (1 Joh 4,11)
Hier wird wieder, wie an vielen anderen Stellen auch, sehr deutlich, dass Gott kein „Gutwettergott“ ist, sondern, dass seine Liebe zu uns in keinem Augenblick tiefer und inniger war, als in seinem Sterben für uns. Vielleicht kann dies auch uns ein Ansporn sein, diesem Gott ähnlich zu werden, der uns ja als sein Ebenbild geschaffen hat. Jede Beziehung kommt mal an einen Tiefpunkt, an dem eigentlich mindestens einer zu resignieren droht. Sich dann rückzubinden, an die grenzen- und bedingungslose Liebe Gottes, die auch durch das Dunkel des Todes, der Verachtung und des Hasses hindurch Bestand hat, kann sehr hilfreich sein. Dies sollte nicht missverstanden werden als Appell, alles hinzunehmen, denn – und das ist entscheidend,- das Doppelgebot der Liebe behält Gültigkeit „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst“. Wenn man sich selbst aufgeben muss um die Beziehung zu „retten“, hat dies nichts mehr mit Liebe zu sich selbst, mit Selbstachtung zu tun, und dies ist sicher nicht das, was wir aus diesem Evangelium herauslesen sollten.
Ein gutes Beispiel gibt uns dabei auch Maria, die Mutter Jesu, der dieser Wonnemonat Mai gewidmet ist. Sie ist bedingungslose Liebe in Reinform. Sie stellt sich selbst ganz hinter den göttlichen Heilsplan zurück, um Gottes Liebe Gestalt annehmen zu lassen in ihrem Sohn, Jesus Christus.
Und nicht nur für den zwischenmenschlichen Beziehungsaspekt des alltäglichen Miteinanders, sondern auch für unser explizit religiöses, vielleicht sogar theologisches Leben, gibt uns die Lesung aus dem Johannesbrief eine hilfreiche „Lesebrille“:
„Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott und er bleibt in Gott.“
Dieser fasst wie in einem Brennglas die christliche Lehre zusammen: das Bekenntnis zur Gottessohnschaft Jesu ist das eine und einzige Fundament des Christen, hier entscheidet sich alles.
Zunächst einmal reduziert das ganz viele Fragen auf Nebensächlichkeiten: moralische, theologische, gar kirchenpolitische. Warum sollte ich denn einem anderen seine Sichtweise verübeln, wenn doch der eine Satz von ihm wie von mir den Kern bekennt: Jesus von Nazareth, ein Mensch wie Du und ich, ist zugleich Sohn des einen und absoluten Gottes.
Dann kann ich die Haltung zu konkreten geschichtlich eher zufälligen Gegebenheiten, als das ansehen, was sie sind. Vielleicht nützliche, vielleicht nicht unwichtige, aber doch letztlich unwesentliche Randfragen. An dieser Stelle muss dann aber auch klar sein, dass ein breites Spektrum von Haltungen und Meinungen respektiert werden muss, theologische Witzbolde ausgehalten werden müssen und ich auch jemanden als Christ anerkennen muss, der sein Veto nicht einlegt, wenn die angemessene Würdigung und Segnung von Lebensformen gefordert wird, die nicht die meinen sind. Aber diese Breite in den Haltungen innerhalb der Christenheit wird das Eigentliche nicht verdunkeln, wenn das immer klar und unbestritten bleibt: Jesus Christus ist der Sohn des lebendigen Gottes für uns.
Ich wünsche Ihnen von Herzen eine Woche, die letzte Woche vor Pfingsten, die Sie den Heiligen Geist spüren lässt, der Garant für die Freude, von der der Herr sagt, dass wir sie nach seinem Willen in Fülle haben sollen.
Katharina Nowak
Author: Katharina Nowak
Katharina Nowak ist Diplom Theologin. Sie studierte in Bonn und arbeitet seit 2009 als theologische Assistentin bei der Katholischen Citykirche Wuppertal.
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